Im Rahmen einer fünftägigen Studienfahrt besuchen die Leistungskurse Biologie und Pädagogik Pula auf der kroatischen Halbinsel Istrien. Der folgende Bericht gibt Einblicke in die interessanten Veranstaltungen und Besichtigungen des dritten Studientages (Mittwoch, 5. Oktober).
Für diesen Tag wurde ein Ganztagesausflug geplant. Im Rahmen dieser Organisation haben wir eine Istrienrundfahrt im Reisebus mit Besuch der Grotte Baredine verwirklicht. Insbesondere letzteres hat eine gute biologische Anknüpfung an die aktuellen Themenkomplexe der Evolution und Ökologie, die im Unterricht behandelt werden.
Unser Ausflug startete mit einer einstündigen Fahrt zur Grotte Baredine. Hierbei handelt es sich um eine besondere Tropfsteinhöhle, die sich ca. 9,4 km außerhalb von Porec, einer urbanen Küstenstadt Istriens, befindet. Während der Fahrt zur Grotte Baredine wurden wir durch die sympathische Reiseleitung ausführlich und umfassend über die kulturellen, historischen und wirtschaftlichen Besonderheiten der Region Istrien informiert. Von den bedeutendsten Produkten Oliven und Wein über Tourismus bis hin zu Besonderheiten der kroatischen Sprache erhielten wir umfangreiche Informationen. So erklärte man uns, dass man in Istrien zwei unterschiedliche gefärbte und beschaffene Böden vorfindet: Graue und rotbraune Böden. Nach Angabe der Reiseleiterin beruht die Färbung der roten Böden auf Eisenoxiden.
Auch in der Grotte Baredine spielte Eisenoxid eine besondere Rolle. Bei Ankunft in der Ortschaft Nova Vas war die Grotte nur noch fünf Minuten entfernt. An der Grotte wurde der Bus von einem Höhlenführer empfangen. Der führte uns bis zu 60 Meter unter die Erde. Während der Besichtigung erklärte er relevante und wissenswerte Details über die Höhle. Die Besichtigung dauerte ca. 40 Minuten. Wir begingen einen circa 300 Meter langen Pfad und besuchten fünf Tropfsteinsäle. Steile Treppen führten vertikal in den unteren Abgrund der Höhle. Der tiefste Punkt der Höhle führt 132 Meter unter die Erde. In der gut beleuchteten Höhle herrschte eine angenehme und konstante Temperatur von ca. 14°C. Darüber hinaus befindet sich im Grund der Höhle ein See, der eine Tiefe von 30 Metern erreicht. Die Höhle ist gegliedert in fünf Säle: In der Eingangshalle stechen bereits die ersten Stalagmiten und Stalagtiten prachtvoll hervor. In dem sogenannten Roten Saal sind die orangen und somit mit Eisenoxid durchsetzten Tropfsteine zu besichtigen. Darauf folgen der Spaghettisaal, der vierte Saal und der Figurensaal. In allen Sälen findet man Tropfsteine in unterschiedlichen Formationen, die der Grotte eine große Vielfältigkeit bieten. Hierzu zählen vor allem der „weiße Turm von Pisa“ im Spaghettisaal und der „Schneemann“ im Figurensaal. Darüber hinaus gibt es große „Vorhänge“ in einer Länge von 10 Metern, die mehrere tausend Jahre alt sind. Der Wachstumsprozes dieser Gesteinsgebilde ist enorm langwierig. Beispielsweise dauert das Wachstum eines 1 mm langen Tropfsteins zehn Jahre. Die Tropfsteine bestehen aus Calciumcarbonat (Kalk).
Für den Bio-LK war vor allem die Existenz der Grottenolme in der Höhle relevant. Grottenolme sind in den Höhlengewässern lebende Schwanzlurche und bilden die einzige Art der Gattung Proteus. Sie gehören zur Klasse der Amphibien. Exemplarisch hatten wir die Möglichkeit an diesem Tier Merkmale zu sehen, die sowohl ökologisch als auch evolutionär bedingt waren. Insbesondere aus ihre anatomischen und morphologischen Merkmalen konnten signifikante Schlüsse gezogen werden. Die Tiere besitzen einen aalähnlichen gestreckten, ca. 20-25cm langen Körper. Ihr Schwanz war seitlich abgeflacht und mit Flossensäumen versehen. Sehr dünne und reduzierte Gliedmaßen waren nicht zu übersehen. Im Allgemeinen besaßen sie eine gelblich-weiße Haut. Der Kopf des Tieres war länglich-schmal konstituiert und wirkte somit spatelförmig. Interessanterweise sind die Augen der Tiere durch ihre Funktionslosigkeit in der dunklen Höhle degeneriert und bilden somit rudimentäre Organe. Im Rahmen dieser Diskussion mussten die Schülerinnen und Schüler Hypothesen bzw. Assoziationen zu den Gebieten der Ökologie und Evolution herstellen. Durchaus wurden sinnvolle Erläuterungen produziert: Die Grottenolme bewohnten ursprünglich ein Habitat über der Erdoberfläche. Allerdings waren sie hier vermutlich der interspezifischen Konkurrenz ausgesetzt. Als Konsequenz dieser Konkurrenzbedingungen wechselten sie ihr Habitat und immigrierten in die Höhle. Jedoch gibt es unter der Erdoberfläche in der Höhle kein Licht. Dies hat als Konsequenz den Funktionsverlustes der Augen zur Folge. Aufgrund dessen entwickelten folgende Generationen im Rahmen der natürlichen, transformierenden Selektion, Rekombination und Mutationen im Laufe der Evolution keine Augen mehr. Die Augen werden funktionslos und dadurch verkümmern sie. Darüber hinaus müssen Grottenolme unter Wasser leben, weil ihre Lungenpaare ebenfalls verkümmert sind. Anstelle dieser besitzen sie drei rote Kiemenbüschel an ihrem Hinterkopf. All diese morphologisch und anatomisch veränderten Merkmale deuten auf eine Anpassung für die neue ökologische Nische der Tiere hin.
Im Anschluss an den Grottenbesuch ging es dann in die kroatische Stadt Rovinj. Auf dem Weg dorthin fuhren wir entlang der Westküste Istriens und legten eine kurze Fotografiepause an dem Limski-Kanal. Hier verlief der Fluss durch eine atemberaubende Tallandschaft. Die Harmonie zwischen dem sich schlängelnden Fluss mit blaugrünem Wasser und und den dicht aneinander wachsenden grünen Baumkronen in der Tallandschaft lies uns ein wahres Naturphänomen sinnlich erfahren. Die Reisebegleiterin erklärte uns, dass der Name des Kanals auf das römische Zeitalter zurückzuführen sei. Zur Zeit des römischen Imperiums habe hier der Limes (lat. Grenze) die Regionen Porec und Pula getrennt.
Bei unserer Ankunft in der Urlaubsdestination Rovinj waren wir schon beim ersten Anblick der Hafenlandschaft begeistert. Insbesondere in der Altstadt herrschte ein italienisch- venezianisches Flair: die engen, kleinen Gassen mit Häusern nach italienischen Vorbild und Künstlergalerien betonten diese Atmosphäre. Tatsächlich sei Rovinj unter italienischer Herrschaft gewesen. Neben den zahlreichen Elementen aus der Renaissance und dem Barock gehört die Kathedrale St. Euphemia zu den wichtigsten Bauwerk der Region.
Das Barockgebäude verfügt über einen einzigartigen architektonischen Bau und stellt somit das Hauptsymbol der Stadt dar. Das wichtigste religiöse Heiligtum der Kathedrale ist der Sarkophag mit den Reliquien der heiligen Euphemia. Unsere Reiseführerin erzählte uns die interessante Hintergrundgeschichte der Euphemia: Überlieferungen zufolge habe ein junges Mädchen namens Euphemia um ca. 300 in der kleinasiatischen Stadt Calzedonia (Konstantinopel,heute: Istanbul) gelebt. Die Fünfzehnjährige wurde aufgrund ihrer starken Gebundenheit zum Christentum von den Soldaten des damaligen Kaisers gefoltert. Nachdem das Mädchen auch danach dem Christentum treu blieb, wurde es zu den Löwen geworfen, von welchen es getötet, jedoch nicht aufgefressen wurde. Zu ehren der Märtyrerin wurde anschließend die Kirche erbaut, in dem Ihr Leichnam in einem Sarkophags aufbewahrt wird. Nach dem Besuch dieser Pilgerstätte haben wir gemeinsam die idyllischen Angebote, die uns die Stadt bat, genossen. Zu unseren absoluten Highlights zählten die engen Gassen mit ihren bunten Häusern, die Einkaufsmöglichkeiten und natürlich die regionalen Spezialität. Rückblickend lässt sich folgendes betonen: Wir alle waren von Rovinj stark beeindruckt und hatten einen einzigartigen Tag in dieser attraktiven Hafenstadt.
Jederzeit würden wir Rovinj gerne wieder besuchen.
Dilara Seremet